Nichts an Attraktivität verloren

Warum das Aktzeichnen inspirierend sein kann

„Bei einem Baum kann man mogeln, bei einem Menschen nicht“, erläutert Dozent Bernd Kitzel die Grundlagen des Aktzeichnens. „Zeichne ich mit ein paar Strichen einen Baum mit seinem Stamm, den Ästen und Blättern, dann wird ein fremder Betrachter das Gebilde auf dem Papier schnell auch als realistischen Baum bestätigen“, so Kitzel. „Würde der gleiche Zeichenversuch mit einem Menschen gemacht, also mit Kopf, Rumpf, Armen und Beinen, dann scheitert ein Ungeübter ganz schnell an den unterschiedlichen Größenverhältnissen“. Und genau hier liege die Herausforderung beim Aktzeichnen: Es gehe um das Kennenlernen der Proportionen, um absolute Genauigkeit beim Zeichnen und der Wiedergabe des Beobachteten. Also passen Kopf, Arme und Beine zum gesamten Körperbau des Modells und wie verhalten sie sich perspektivisch und natürlich im Raum? Was Bernd Kitzel den Interessierten in der VHS bereits seit 1997 vermittelt, hat Hand und Fuß im wahrsten Sinn des Wortes, schließlich gehört das Aktzeichnen schon seit dem Designstudium zu seiner großen Leidenschaft. Und die hat Kitzel unter anderem als freiberuflicher Designer für Unternehmen wie „Van Laack“ und „Trevira“ umgesetzt. Auch das Zeichnen von Frisuren für „Wella“ zählte zu seinen Aufgaben. 1988 erhielt er den Steilmannpreis der Stiftung der deutschen Bekleidungsindustrie. Heute arbeitet Bernd Kitzel neben der VHS als Lehrbeauftragter und Privatdozent bei der Hochschule Rhein-Waal, der Hochschule Niederrhein sowie bei der privaten Modeschule Düsseldorf.

Wer beim Aktzeichnen überwiegend Frauen als Modell vermutet, der liegt falsch. Auch Männer stehen oder sitzen als Modell beim Aktzeichnen. Als berühmten Vertreter beim Aktzeichnen verweist Kitzel hier auf Gustav Klimt, dessen Werke unter anderem schon 1879 und 1880 einen sitzenden sowie einen liegenden männlichen Akt beinhalten. Zu ungefähr der gleichen Zeit Ende des 19. Jahrhunderts beeindruckte auch die deutsche Künstlerin Käthe Kollwitz durch ihr Werk. „Trotz zunehmender Digitalisierung und technischer Möglichkeiten hat das Handwerk des Aktzeichnens nicht an Attraktivität verloren“, ergänzt Bernd Kitzel, denn immer noch sei das der beste Weg, um zu verstehen, wie Proportionen funktionieren und wie der freie Raum im Verhältnis zur Figur aufgebaut ist. „Und da komme ich gerne noch einmal auf die Frauen als Modell zurück, die einfacher zu zeichnen sind als Männer“, beschreibt der Dozent und begründet das mit der markanten weiblichen Hüfte, die auch etwas geneigt ist, wodurch die Zeichnenden leichter die Größenverhältnisse mit dem Bleistift herausarbeiten können. Zwanzig Minuten verbringt ein Modell beim Aktzeichnen und da gehöre auch schon etwas Körperspannung dazu, meint Kitzel weiter. Es gebe auch manchmal Interessierte aus Studiengängen der Psychologie, die sich als Modell bewerben, um zu erforschen, wie es ist, nackt im Mittelpunkt zu stehen (oder zu sitzen) und genau beobachtet zu werden.

Und genaues Beobachten und das Umsetzen der Beobachtungen mit dem Stift auf DIN A2 Papier ist wesentlicher Teil beim Aktzeichnen. DIN A2 entspricht einer Größe von 42,0 cm x 59,4 cm. „Mein Professor hat immer gesagt, der Bleistift lügt nicht, und wer groß zeichnen kann, der kann auch klein zeichnen“, erinnert sich Kitzel und vollzieht mit seinem Arm eine weite ausholende Bewegung. „Aktzeichnen steht auch für Dynamik und Bewegung“, lacht er und versprüht förmlich einen Hauch von künstlerischer Ausdruckskraft, die ansteckend wirkt. Inspirieren wolle er auch mit seinen Kursen, die neben dem Aktzeichnen auch aus dem Grundkurs Zeichnen sowie dem Portraitzeichnen bestehen. Letzteres bringt Kitzel auch dazu, Hans Bierbrauer zu erwähnen, den viele Fernsehzuschauer aus der damaligen Abendsendung „Dalli Dalli“ nur unter dem Künstlernamen „Oskar“ kennen. Dieser vermochte in wenigen Sekunden ein nahezu perfektes Portrait zu zeichnen, was letzten Endes auch für die hohe Professionalität des Künstlers stand. Dozent Bernd Kitzel freut sich auch, wenn er bei seinen Kursteilnehmern und Kursteilnehmerinnen erlebt, wie diese ihr Talent entwickeln und über sich hinauswachsen. Und Kunst brauche ja auch Betrachter, so Kitzel, der seine Werke demnächst wieder durch Ausstellungen in der VHS einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen wird.

Aktuelle Kurse mit Bernd Kitzel
Aktzeichnen
ab Mo., 16.10.2023, 19:00 – 21:15 Uhr
8 Termine


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